Montag, 15. Februar 2010

Prognose oder Epignose?

15. 2. - 22.2.  2010
unter dem Nördlichen Tierkreis
und unter den Nördlichen Königskonjunktionen
der vier Elemente Feuer, Erde, Luft und Wasser
aus den Jahren 1603, 1802, 1980 und 1305
( anklicken vergrößert)


 Mundanomaniac war stets ein armer Wanderer, der sich mit Geldverdienen wenig aufgehalten hat. Demzufolge bleibt ihm auch zum Lebensabend hin zumeist nur das, was von der Hand zum Mund geht, denn an einem Astrologen, der lieber nachdenklich die Rätsel der Welt betrachtet, anstatt einer zahlungskräftigen Klientel die Vorurteile zu bestätigen, bleibt nicht allzu viel Goldstaub hängen.
Dann hat ihm also die Astrologie kein Glück gebracht … möchte ein leerer Gedanke gleich losquaken.
Was ist das, Glück, fragt Mundanomaniac zurück? Ist es mehr zu haben, als man braucht? Dann finden sich auf den zwei Schalen der Wahl in der einen das Geld und in der anderen die Zeit. Beides zu haben, im Übermaß, Geld und Zeit, ist uns aber nicht vergönnt.
Das größte Glück, das Mundomaniac zuteil wurde, ereignete sich an irgendeinem Herbstnachmittag der frühen 80er Jahre in der Häuserschlucht einer Großstadt, völlig unerwartet, und es hält bis heute an. Ein Gott hatte ihn gefunden und angefasst … und, ihm ein neues, gottgeliebtes, unbekanntes Herz, ein erneuertes ihm unbekanntes Schlag- und Zählwerk eingesetzt.
Dieser Tag war der Tag 1 einer  Neugeburt. Von da an war alles klar, … sollte man meinen, aber von wegen, nichts war klar, alles war noch verhüllt, was vor ihm lag, allein die Klarheit dem erneuerten Herzen zu folgen, Tag für Tag, die war da und blieb. Und vom Tag 1 an, das war es was da blieb, staunte Mundanomaniac über  die kindliche Regungen im neuen Herzen, die Regung, Menschen „in den Arm“ zu nehmen   mit einem Lächeln beim Vorbeigehen, einer Höflichkeit in der Warteschlange, freundlicher Ansprache beim Einkaufen, in Ämtern,  auf der Straße, in der Küche … eine Sanftheit, eine Geduld und die Zuversicht, dass alles sich finden werde zu seiner Zeit.
Und die neue Welt, die sich erschloss, fand Mundanomaniac einmal im dritten Jahrzehnt nach „0“ bestätigt in einer Betrachtung eines unsichtbaren Begleiters:
„Die Aussage des Herzens bezieht sich – im Gegensatz zu der Aussage des diskriminierenden Verstandes – immer aufs Ganze. Die Saiten des Herzens erklingen wie die Äolsharfe nur unter dem leisen Hauche der ahnungsvollen Stimmung, die nicht übertönt, sondern lauscht. Was das Herz hört, das sind die großen lebensumspannenden Dinge, die Erlebnisse, die wir nicht arrangieren, sondern erleiden. Alles Feuerwerk, das der Verstand abbrennen möchte, verblasst, und die Sprache kehrt zurück zum naiven, kindhaften Ausdruck. Die Anspruchslosigkeit des Stils rechtfertigt sich nur durch den bedeutenden Inhalt. Und der Inhalt empfängt seine Bedeutung nur von der Offenbarung des Erlebnisses.“
C.G. JUNG, Vorwort zu SCHMITZ , "Märchen vom Fischotter", GW. 18/2, S.822.

Das alles war nach jener Stunde Null,  die zum Ausgangspunkt wurde für die unvergleichlich  aufregende innere Erfahrung, die dem Menschen zugänglich ist: die Erforschung der Weisheiten der „höchsten Lebenskunst“ mitten im Alltag des normalen Lebens:  der Weisheiten des Einzugs in die unbekannte eigene Gestalt.
„Gestalt besitzt […] auch der Einzelne, und das Erhabene und unverlierbare Lebensrecht, das er mit Steinen, Pflanzen, Tieren und Sternen teilt, ist sein Recht auf Gestalt […] So trägt er den Maßstab in sich, und die höchste Lebenskunst, insofern er als Einzelner lebt, besteht darin, dass er sich selbst zum Maßstab nimmt“
Ernst Jünger, Der Arbeiter, Stuttgart 1982, S. 37.

Der Weg der schrittweisen Enthüllung der Geheimnisse der Gestalt in Tagesportionen entfernte sich ein für allemal von den öden, verantwortungsschweren und  anmaßenden Gedankenwänden der materialistischen Philosophie. Stattdessen blühte Mundanomaniac eine  bislang nie gesehene immaterielle Gefühls- und Gedankenpflanze auf, die, einmal wahrgenommen, plötzlich überall der Erkenntnis zu winken schien: das Symbol und seine Farben  als ein das Sein (an)ordnendes Nicht-Sein.
In der Kette der täglich hinzu wachsenden neuen Erkenntnisse harrte ihrer Entdeckung als zentrales Schmuckstück die Astrologie, von der Mundanomaniac sich aber noch nichts träumen ließ (oder doch?), als er „Das wilde Denken“ fand in den Arbeiten des französischen Strukturalisten Claude Lévi-Strauss. Hier begegnete ihm der „Mythos“.
Lévi-Strauss,  ein französischer Intellektueller der scharfsinnigsten Art und damit nicht gerade einladend für einen Neugeborenen auf seinem Weg des Herzens, erklärte 1977 in der Einleitung zu seinen Massey-Vorträgen:
„Sie werden sich vielleicht daran erinnern, dass ich schrieb, die Mythen werden im Menschen gedacht, ohne dass er etwas davon weiß. Dieser Satz wurde von meinen englischsprachigen Kollegen häufig erörtert und kritisiert, weil er empirisch gesehen, nach ihrer Auffassung, völlig sinnlos ist. Für mich aber beschreibt er eine wirkliche Erfahrung, da er genau ausdrückt, wie ich die Beziehung zu meiner Arbeit begreife. Das heißt, meine Arbeit wird in mir gedacht, ohne dass ich davon weiß.
Ich habe nie ein Gefühl meiner persönlichen Identität gehabt, habe es auch jetzt nicht. Ich komme mir vor, wie ein Ort, an dem etwas geschieht, an dem aber kein Ich vorhanden ist. Jeder von uns ist eine Art Straßenkreuzung, auf der sich verschiedenes ereignet. Die Straßenkreuzung selber ist völlig passiv; etwas ereignet sich darauf. Etwas anderes, genauso Gültiges, ereignet sich anderswo. Es gibt keine Wahl, es ist einfach eine Sache des Zufalls.
Ich maße mir keinesfalls an, dass ich deshalb, weil ich so denke, zu dem Schluss berechtigt bin, die ganze Menschheit müsse so denken. Ich glaube jedoch, dass die besondere Art und Weise, wie ein Wissenschaftler denkt und schreibt, einem jeden von ihnen einen neuen Blick auf die Menschheit eröffnet.“
Lévy-Strauss, Mythos und Bedeutung, Frankfurt 1980, S. 16 f.

Der Strukturalist erklärte,
„… dass Bilder eingesetzt werden können, die der Erfahrung entlehnt sind. Das gerade macht die Originalität des mythischen Denkens aus; - dass es nämlich die Rolle des begrifflichen Denkens zu übernehmen vermag …“ (Ebd. S. 35, Hervorhebungen von mir).

Hier ist nicht der Ort, tiefer und systematischer in die Erkenntnisse des französischen Strukturalisten einzudringen. Für den nüchternen Langstreckenlauf der wissenschaftlichen Abhandlung geht Mundanomaniac als konstitutionellem Sprinter der Atem ab, deshalb hier ein kurzer Schluss(spurt), nämlich den‚ dass:
… die Symbole nach meiner Ansicht niemals eine innere Bedeutung haben.
Ihr Sinn kann nur in ihrer Stellung liegen, er ist uns daher nicht in den Mythen selbst zugänglich, …
(Ebd. S. 77).

Und damit war Mundanomaniac vor den Toren der Astrologie angekommen.
„Im Tierkreis ist jedes Zeichen die notwendige Folge des vorangegangenen. Ganz ähnlich, wie auch in der Natur die Reihenfolge einzelner Entwicklungsstadien festgelegt ist, folgt auch in der Tierkreisordnung ein Zeichen dem andere, löst es ab, bis der vollständige Kreis in seiner Geschlossenheit eine analoge Harmonie des Lebenskreises darstellt.
So versinnbildlicht jedes Zeichen ein Stadium der Entwicklung und gibt es in verwandelter Bedeutung an das nachfolgende weiter. Es ist ein Aneinanderfügen einzelner Wesensbestandteile, von denen zwar jedes alle vorhergehenden beherbergt, sie jedoch selber nicht mehr ausdrückt.“
Wolfgang Döbereiner, Tierkreisbücher, Waage, 1974, S. 17.

Aus alledem folgt für Mundanomaniacs Astrologie notwendig,  zum einen,  dass sie spät kam -  im 39. Jahr  - und, zum anderen,  dass alles Gute ihm schon vorher, allerdings kurz vorher, gekommen war. Sie war daher nie „die Lösung“, sondern das Aufräumen nach der Lösung.
 Nun hat Mundanomaniac in den vielen vergangenen Jahren kaum einen von denen, die um Rat fragten, gehabt, der nicht nach dem Glück gefragt hätte, nach Rückenwind, und wann denn  endlich … einmal dem Kreuzen genüge geschehen wäre?
Und Mundanomaniac hat sich immer gefragt, was denn ein Horoskop soll, wenn der Gott, der nach einem sucht - aber in seiner Ewigkeit weder von Telefon noch Hausnummer noch gar von Bankkonten  etwas weiß – wenn dieser Gott am ewigen Treffpunkt nach einem sucht, man aber wiederum als Kind der Zeit von ewigen Treffpunkten nichts weiß. Den ‚Treffpunkt‘ aber, dass weiß jedes Kind, findet allein der Däumling, findet nur der kleine Mann im Herzen, findet  nur  die "Arbeit  [die ]in mir gedacht [wird], ohne dass ich davon weiß".

Und so reicht es nicht, ein, zweimal in der Einfalt zu wandeln, weil man gehört hat, dort gebe es das ersehnte … sondern, als ‚Dummling‘ mit den Tieren zu ‚frieren‘ (und den Menschen),  immer, das gibt Gestalt, und Gestalt erkennt der Gott.
Wer aber von keinem Gott erkannt worden ist, was braucht der sein Horoskop zu kennen, was kann denn der aufräumen im Denken und in der Welt?
Er kann sich ja nicht einmal im Schlaf vorstellen, dass schon alles gelöst ist, dass nur wieder Ordnung zu schaffen, nur wieder aufzuräumen ist am Himmel der Gedanken mit den Bildern der „analogen Harmonie des Lebenskreises“, da ein Sturm „vom Paradies her“ die Tafeln des begrifflichen Denkens durcheinandergewirbelt hat, und dass sie aufgeklaubt worden sind von einem törichten Denken und an die Bäume im Wald der eitlen Selbstbespiegelungen geheftet worden sind ohne Sinn und Verstand …
Und wo nun Jupiter heute über die Sonne von Mundanomaniac wandert,  in seinem Besuch einmal in zwölf Jahren, da hätte er  vom „großen Glück“ der Erweiterung der Anschauung gerne ein Stück in der Waagschale des Goldes angeschaut ,denn der Winter ist lang und Brennholz und Lebensvorräte gehen auf die Neige. 
So ist jedenfalls die Prognose stets geneigt,  zu ersehnen, zu erfragen, sich ein Bild zu machen und enttäuscht abzuwenden.
Die Epignose aber begnügt sich damit, im Nachhinein Sinn und Trost zu erkennen,  deine Sonne, Mundanomaniac, sagt sie, die steht doch im zehnten Haus, sie gehört doch gar nicht Dir, sondern den Menschen und Tieren und Pflanzen und Steinen und Sternen ... sie ist doch zum Verschenken. Hast Du vielleicht heute etwas Besonderes zu verschenken?
Und, also,   statt an der Prognose zu verzweifeln,  der Hoffnung,  gefunden zu werden,   vertrauend, denn die ist aus dem unsterblichen Stoff der Seele gemacht, grüßt Mundanomaniac alle seine geschätzten Leser und wünscht ihnen in der rechten Glücksschale ein Stück Zeit.
Gespeichert: 18.2.2010, UTC 16:38,
Gepostet: UTC  17:17.







1 Kommentar:

  1. Ist denn wirklich, lieber Herr von Goethe,
    "das Lied, das aus der Kehle dringt,
    Lohn, der reichlich lohnet"??

    "Die Vergangenheit war notwendig -
    die Zukunft ist frei."

    Stimmt das wirklich, lieber Rudolf Steiner,
    und "daß der Gebende
    sei der wahre Beschenkte"??


    Diese Fragezeichen,

    lieber Mundanomaniac,

    wird sich heute gewiß so mancher
    vor seine Seele setzen..

    Nicht so, wie der Deinige,
    unser Lebenslauf -
    deshalb nicht weniger betroffen..

    Deine mit innerster Feder geschriebenen Worte
    haben uns geschenkt ein Innehalten,
    ein rückblickendes Betrachten auch unseres Weges.

    Dafür danken Dir herzlichst
    Mythopoet + Partnerin

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