Samstag, 21. Juni 2008

Am hellsten Tag

20.6.

Heute ist nicht nur der hellste Tag des Jahres, zusammen mit morgen (auf der Nordhalbkugel) – heute sind auch Sonne und Pluto in ihrer Hochzeit, in ihrer Urvereinigung, im Mysterium der Liebe, das heißt in Opposition. Sonne und Pluto heute auf der Ehe-Schaukel, heißeste Liebe, die es gibt: der „Ofen“

Es heiraten: „das Herz der Dinge“ und „Gestalten in geschlossenen Kreisen“ – Herz und Gestalt – die im Wechselspiel von „Ja – sagt - die – Kraft“ und „Nein - sagt – die – Form“ die Umwandlung von Naturfeuer (Widder) zu Herzfeuer (Löwe) – vornehmen, die Veredelung von nehmendem zu spendendem Feuer…

All die Jahre, ein Vierteljahrhundert und mehr, versuche ich jeden Tag irgendwo und -wann dieses mächtige Nichts zu erfassen – „Pluto“/ „Skorpion“ – habe es Mal um Mal gefasst – so manchen Tag - aber Archetypen, Gottheit, Seife – so greifbar wie glatt, Fisch unter Wasser, nicht fest zu fassen.

Im Netz eines Bildes allerdings fängt Skorpion, die im Unbewussten spinnende Seele, die Sinngestalten der Zeit und verspinnt sie zu lockenden kollektiven Bildern, die ihn, den Mutter- und Opferplaneten, den Planeten der Gestorbenen und Ungeborenen in uns, den von Astronomen als Planet abgeschafften, den langen Löffel … „Mysterium des Nichts“, Raum zu seligem Eindringen, Großmacht Psyche, in Wirkung zeigen.

Noch ein letztes Mal, bis in den September, zeigt sich Pluto im versöhnenden Licht des Schützen, um dann endgültig für die nächsten fünfzehn Jahre in die autoritative Gestalt des obersten Bestimmers und Hüters – Steinbock – einzutreten.

Noch einmal für drei Monate im Zeichen der „vollständigen Versammlung der Eigenarten“ am – Runden Tisch des Schützen.

Die Iren oblagen der Aufgabe, diese Konstellation noch einmal über den Kontinent zu verhängen, indem sie ergriffen waren von einer

12.6.2008, UTC 12:00, Dublin

Gestalt, von einem Geist, von einem Archetypus: Rebellion, Contra, Wassermann. In der Resonanz dieses Archetypus bezeugt der Mensch all das, was der beflissene Geist des „Rechtgeleiteten“, des Wohlanständigen, des so Gutmeinenden „vergessen“ hat : Uranus präsentiert immer die unterschlagene Hälfte der Wahrheit. So ist das politische Management der EU gezwungen, noch einmal die Essentials zu überdenken, wenn sie das Irische Volk „ins gemeinsame Boot“ holen will. Lang lebe Irland! Gelobt sei der Geist des Widerspruchs!

Und so sei an dieser Stelle nicht verhehlt, dass ich die Ahnung der großen mittelalterlichen Vorkämpfer des unermüdlichen Widersprechens, Agrippa von Nettersheim und Paracelsus teile, die gemeint haben, der Mensch solle versuchen sich „den Sternen“ anzugleichen so gut es gehe.

„… unser Geist kann nämlich durch Imagination oder Auseinandersetzung, durch Nachahmung sich so einem bestimmten Stern angleichen, dass er sogleich mit den Möglichkeiten dieses Sterns erfüllt wird.“ (Agrippa, De occulta philosophia, lib. I,cp.66f.)

„Wir müssen daher in jeglichem Werk und in Anwendung von Dingen eifrig danach streben, uns vorstellen, hoffen und mit Bestimmtheit glauben, denn das wird von größerem Nutzen sein …

Der menschliche Geist, wenn er durch seine Leidenschaften und Wirksamkeiten sich auf ein Werk einigermaßen konzentriert, sollte sich mit den Geistern der Sterne vereinen; und wenn er so vereint ist, die Ursache sein, dass eine bestimmte wunderbare Kraft unseren Werken und dingen eingegossen werde, denn wie in jenem ein Erfassen aller Dinge und ein Beherrschen aller liegt, so haben alle Dinge Gehorsam ihm gegenüber und eine unausweichliche Wirksamkeit, und sie bewegen sich auf das zu, was er mitstarkem Wunsche über alles ersehnt. und demgemäß wird das Werk der Merkmale, Bilder, Anrufungen und Worte bestätigt …

Denn wenn unser Geist in ein großes Übermaß irgendeiner Leidenschaft oder Tugend hingerissen wird, erfasst er oft von sich aus die Stunde oder die bessere Gelegenheit … das ist die Art und Weise, durch welche die Wirksamkeit der (Unternehmungen gefunden wird.“

Nichtsdestoweniger ist vor den Gefahren die mit der unbewussten Faszination durch die Archetypen verbunden sind, zu warnen, über welche das zwanzigste Jahrhundert die Menschheit aufs gründlichste belehrt hat: Diesen Gefahren zu entgehen, gibt es nur den einen Weg: Ihrer bewusst werden. Die Mythologie des träumenden Menschen zeigt die von den Archetypen konstellierten Bilder, Psychologie vergleicht sie und macht ihre Anordnungen bewusst, und die Astrologie erlaubt die bewusste Beobachtung der konstellierten Archetypen „bei der Arbeit“. (Zit. in: C. G. JUNG, Paracelsus als geistige Erscheinung, Ges. Werke 13, S. 201)

Die Archetypen arbeiten ja – JUNG hat es oft gesagt – mittels Faszination. „Stimmung“, und – auch daran hat JUNG stets erinnert – sie enthalten ebenso wohl Böses wie Gutes, enthalten Übermenschliches, wie Untermenschliches. Darum ist die Faszination durch die Archetypen ein gefährlicher Auto-Pilot der kollektiven psychischen Natur. Die Archetypen sind –wieder JUNG – nicht „menschlich“, sie sind Natur, vom schöpfenden Geist als Gestalten schöpft, Gestalten, die den Instinkten Fluss und Richtung geben.

a propos: russischer Geist – aus Anlass des Tages:

Ein Rabbi kommt zu Gott: Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.“ – „Nimm Elia als Führer“, spricht der Schöpfer, „er wird dir beides zeigen.“

Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand. Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber die Menschen sehen mager aus, blass, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen. Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.

Die beiden gehen hinaus: „Welch seltsamer Traum war das?“ fragt der Rabbi den Propheten: „Die Hölle“, lautet die Antwort.

Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau so wie beim ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber – ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich.

Wie kommt das?“ – Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen führen sich die Löffel gegenseitig zum Mund. Sie geben einander Essen. Da weiß der Rabbi, wo er ist.

Aus dem Russischen.


Gespeichert 20.6.2008, gepostet 21.6.2008, UTC : 18:40.

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